Ein Stück von Tobias Fend
Danielle Fend-Strahm · Regie, Projektleitung | Tobias Fend · Produktion, Text und Schauspiel | Florian Wagner · Komposition, Musikalische Leitung | Matthias Strahm · Ausstattung | Jeanne Devos · Schauspiel | John Kendall · Movement Direction, Chroreographie | Gregor Weisgerber · Schauspiel | Nadine Schütz · Ticketing, Kommunikation, Social Media, Organisation
»… tief durchatmen und Theater anschauen gehen. In Vorarlberg ist das derzeit wieder möglich. Und niemand könnte die pandemisch sichere Theatersaison besser einleiten als die Gruppe Café Fuerte. Deren Komödie «Pakete Pakete» über das Leben von vier Zustellerinnen und Zustellern ist nach einem Jahr Lockdown-getriebener Online-Bestellwut das Stück der Stunde.« — Martin Pesl, Falter 12/21 vom 24.03.2021
»Es ist beeindruckend zu erleben, wie in Trogen bei St. Gallen vor dem Palais Bleu 50 Menschen, eingehüllt in Schweizer Armeedecken, eineinhalb Stunden lang bei frostigen Temperaturen ausharren, um ein Gastspiel der Truppe Café Fuerte zu sehen. Wenn es sein muss, dann friert man halt, Hauptsache es gibt Theater. Und sehr gutes Theater: Danielle Fend-Strahm und Tobias Fend haben für fünf Akteure ein lustig bitteres Stück über Paketdienste recherchiert, erdacht und mit Präzision inszeniert, das gerade jetzt, wo jeder aus dem Lockdown munter Dinge im Internet bestellt, die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen der Lieferdienste zeigt und einen sehr nachdenklich werden lässt. ›Pakete, Pakete‹ heißt das Stück.« — Egbert Tholl, Süddeutsche Zeitung, 23.11.2020
2018 wurden in der Schweiz 178 Millionen Pakete zugestellt, in Österreich waren es 280 Millionen. Die Wachstums-Prognosen für den Onlinehandel und die Paketzustelldienste sind nach wie vor sehr hoch. Die Kartonschachteln sind allgegenwärtig. Sie stehen für ein Versprechen des Kapitalismus: Man kann alles was man will auf Knopfdruck haben, ganz einfach, jederzeit, manchmal sogar ohne Versandkosten.
»Danielle Fend-Strahm inszeniert mit Schwung und Witz. Fend hat zur Vorbereitung selber Pakete ausgeliefert. Sein Stück zeichnet ein so groteskes wie realistisches Bild des Konsumwahns, der völlig aus dem Ruder gelaufen ist — und dessen Opfer die Auslieferer sind, Rücken gebeugt, Pakete geschultert, Pakete Pakete schleppend im Wettlauf gegen die Uhr für einen lausigen Lohn. Raffiniert schnürt der Text sich immer enger um die Figuren, rasend schnell wechselnd Rollen und Choreografien, die Spieler verklumpen und verschlaufen sich, werden zum Chef, werden selber zum Menschenpaket. Das Unheil nimmt seinen Lauf, kleine Katze gibt den Geist auf, muss beerdigt werden, die Polizei klopft bei Sylvie an, alles geht schief und schiefer. Pakete Pakete ist ein Vergnügen und ein Abgrund, amüsant und augenöffnend, Volkstheater in seiner besten, sozialkritischen und unterhaltenden Art.« — Peter Surber, Saiten Online, 19.11.2020
Obwohl der Einkauf im Internet vollautomatisiert abläuft, bleibt die Paketauslieferung ein Knochenjob. Von der Auslieferung mit selbstfliegenden Drohnen ist noch keine Rede. Pakete müssen von Hand sortiert und in Lieferwägen geladen werden, ein Parkplatz muss gefunden werden, dann das Paket zum Kunden getragen werden und wieder zurück zum Auto. Und das über 120mal am Tag. 14-Stunden-Tage sind in der Branche normal. Feierabend ist erst, wenn alle Pakete beim Kunden sind. Ein Leben im Laufschritt zwischen Parkplatzsuche und Klingelstress. Für einen Schwatz und einen Schnaps wie bei der guten alten Post bliebt da keine Zeit. Die privaten Paketdienste übergeben viele Auslieferungen an Subunternehmer, die die Mindestlöhne und andere Standards im Arbeitnehmerschutz umgehen. Manche Zusteller aus dem europäischen Ausland schlafen sogar in ihren Lieferwägen. Damit das Business läuft, müssen die Auslieferer laufen, und zwar schnell, präzise und billig.
Uns interessieren Paketboten aber nicht nur arbeitsrechtlich, sondern vor allem als Bild für unsere Zeit. Alles muss effizienter und schneller und mehr werden, sonst gibt es kein Wirtschaftswachstum. Paketboten sind die Beine des Kapitalismus. Sie bewältigen einen unglaublichen Warenstrom. 200 000 Pakete täglich in Österreich, und bei Kleidung werden fast drei Viertel wieder zurückgeschickt. Damit sich das ausgeht, dürfen die Paketboten immer weniger kosten. Sie müssen immer schneller laufen, damit immer mehr Waren zum Kunden kommen. Und was übrig bleibt, sind gehetzte Menschen und wahnsinnig viel Abfall.
»Wie sich die vier, die Schauspieler Tobias Fend, Jeanne Devos, Gregor Weisgerber und Tänzer John Kendall, dem gnadenlosen, unerbittlichen Arbeitsrythmus unterwerfen, wie sie von ihren Ängsten, Träumen, Leidenschaften erzählen, wie sie von einer skurrilen Situation in die nächste stolpern, läßt einem das Lachen im Hals gefrieren. Ja es ist absurd-witzig und zugleich himmeltraurig und bitter-böse. Die Ausserrhoder Schauspielerin Jeanne Devos, seit Jugendtagen mit der Regisseurin Danielle Fend-Strahm befreundet, spielt zum ersten Mal bei Café Fuerte mit, und es ist ein Gewinn. Ihre Silvia, die diesen Job so sehr braucht und über einen geklauten Lippenstift in den Abgrund stürzt, macht das Elend dieser ausbeuterischen Jobs persönlich erlebbar.« — Julia Nehmitz, Appenzeller Zeitung, 16.11.2020
Als Spielorte haben wir Tiefgaragen, Hallen, Parkplätze gewählt. Es sind Unorte, man hält sich dort nicht auf. Man bewegt sich dort nur. Es sind Orte der potenziellen Bewegung, Orte des ruhendes Verkehrs. Wir und und das Publikum lassen uns für eine Zeit in Ruhe dort nieder und verfolgen die Bewegung.
Eine Café Fuerte Produktion 2020/21
Partner: Weltladen Egg, Initiative «Ich kauf im Wald» | Gefördert durch: Land Vorarlberg, Gemeinde Hittisau, Kulturförderung Appenzell Ausserrhoden, Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlicher Dienst und Sport, Bertold Suhner Stiftung, Bünzli-Scherrer-Stiftung, Stiftung SK | Trailer · Stefan Butzmühlen/Cristina Diz | Fotografie · Laurenz Feinig